Im Laufe des Verfahrens (Stellungnahme der Umweltanwaltschaft und Gutachten, das von der HBLA in Auftrag gegeben wurde) stellte sich heraus, dass der Umbruch der Orchideen-Wiese im Europaschutzgebiet Wienerwald Thermenregion in dieser Dimension (es wäre ja eine weit größere Umwandlung in Weinbau geplant als der bereits vorgenommene Umbruch) mit den Schutzzielen nicht vereinbar ist. Nun beantragte die HBLA die Rückabwicklung des Pachtvertrages mit der Gemeinde. Der Naturschutzbund begrüßt diese Entscheidung.
Der Umbruch der Wiese ist bereits wieder bewachsen, zum Teil mit einjährigen Kräutern, die auf dem Offenboden rasch keimten, aber auch von vielen Wiesenpflanzen. Da die umgebenden Wiesen als Samenlieferanten direkt angrenzen, kann davon ausgegangen werden, dass diese Umbruchsflächen sehr rasch wieder von Trockenwiesenpflanzen (und den dazugehörigen Tierarten) besiedelt werden. Nun sollte diese Flächen im Gemeindebesitz wieder, wie bisher, ein- bis zweimal im Jahr gemäht werden, eine Beweidung wäre auch vorstellbar. Wir hoffen, es findet sich ein passender Pächter.
Anfang März wurden zwei Wiesen an der Langegasse (nahe des Naturdenkmal Wild-Birnbaum) am Buchberg umgeackert, wenige Tage später geeggt.
Wie sich herausstellte, gehören beide der Stadtgemeinde Klosterneubrg, die sie an dei HBLA für Wein- und Obstbau verpachtete.
Diese ca. 2 ha große artenreiche Wiese (mit Riemenzunge) im Europaschutzgebiet „Wienerwald-Thermenregion“, in der Pflegezone des Biosphärenpark Wienerwald, im Besitz der Stadtgemeinde, gepachtet von der HBLA für Wein- und Obstbau, wurde umgebrochen, um dort Weinreben auszusetzen. Bei Anzeige des Umbruchs bei der zuständigen Behörde, betonte der Sachverständige, dass es zu keinem Verlust eines FFH-Schutzgutes gekommen sei, weil sich ja die Samen nach wie vor im Boden befinden würden und sich nach einiger Zeit die ursprüngliche Wiese unter den Weinstöcken wieder einstellen werde. Wie soll das trotz aller „Pflege-Maßnahmen“ im Weinbau (Herbizid- und Insektizideinsatz, maschinelle Bearbeitung usw.) gehen?
Das Unverständnis und die geringe Wertschätzung der EU-Schutzgüter in der Kulturlandschaft Klosterneuburgs ist auch deshalb sehr schmerzlich, da am 2. und 3. Juni 2023 der „Tag der Artenvielfalt“ des Biosphärenpark Wienerwald in Klosterneuburg gefeiert werden soll.
Die Gefährdung heimischer, wildwachsender Orchideen ist hoch und vielgestaltig. Große, attraktive Arten wie z.B. der Frauenschuh, werden immer wieder ausgegraben (und gehen dann im privaten Garten zugrunde, weil die speziellen Wuchsbedingungen nicht nachahmbar sind). In Klosterenuburg sind sämtliche Frauenschuh-Bestände bereits verloren gegangen. Orchideen auf extensiv bewirtschafteten Wiesen verschwinden, sobald die Wiesen gedüngt, zu oft oder zum falschen Zeitpunkt gemäht oder gar (forst)gemulcht werden. Oder … wenn sie umgebrochen werden, um sie als Weingärten oder Äcker zu nutzen.
Im April wurden von der Weinbauschule bereits die Reihen abgesteckt, aber noch nichts ausgepflanzt, da die Umweltanwaltschaft NÖ interveniert hat.
Noch könnte sich die Wiese wieder entwickeln, zwischen den Rebzeilen sicher nicht.
Das Interesse und das Anliegen zur Erhaltung einer möglichst intakten Klosterneuburger Au eint die beiden Vereine „Fischereiverein Klosterneuburg“ und „Naturschutzbund Klosterneuburg“. So entstand, angeregt durch unseren gemeinsamen Freund DI Bernhard Ferner vom Umweltbundesamt, die Idee einer gemeinsamen Aktion in der Au: Müllsammeln und anschließende Exkursion, bei der das jeweils fachspezifische Wissen ausgetauscht werden sollte. Revierreinigungen und Austausch mit anderen Interessensgruppen sind auch wesentliche Elemente einer nachhaltigen Angelfischerei (siehe Folder/Broschüre „Angelfischerei und Nachhaltigkeit“ https://www.umweltbundesamt.at/afin).
Bei bedecktem Himmel und großer Motivation starteten 23 Erwachsene und 5 Kinder um 10 Uhr bei der „Donaustubn“ zur gemeinsamen Müllsammelaktion. Obwohl der Eindruck entstand, dass nicht allzu viel Müll herum lag, konnten doch einige Säcke gefüllt werden und sowohl viele Plastikflaschen, Aludosen und Sperrmüll als auch leider viele Batterien gesammelt werden, die wahrscheinlich von den „Rüttelmaschinen“ stammen, die vor einigen Jahren zur Sondierung von Erdölvorkommen durch die Au fuhren.
Nach der mittäglichen Stärkung (vielen Dank an den Fischereiverein, der Getränke spendierte!) erfolgte ein Rundgang durch diesen Teil des Europaschutzgebietes „Tullnerfelder Donauauen“ mit vielen Erklärungen über die verschiedenen Standorte der Au (Weiche Au, Harte Au, Altarme,…) mit vielen historischen, botanischen und zoologische Hintergründen; auch die Fischer konnten ihre Tätigkeiten und Erfahrungen erläutern und weitergeben. Der Austausch war sehr angeregt und in beiderseitiger Wertschätzung.
Das Anliegen einer Re-Dynamisierung der Au, also einer Öffnung des Treppelweges zum Durchströmen der Altarme wurde vor Ort besprochen, gemeinsam sollen Gespräche mit den Verantwortlichen (Grundeigentümer, Wasserwirtschaft,…) als Grundlage für ein größeres Projekt gesucht werden. Das Ziel sollte sein: weitere Auflandungen (mit Sand und Schlick) verhindern, Umlagerungen und neu entstehende Schotterflächen sollten entstehen können. Das ist für viele Kies-Laicher wichtig, Weidengebüsch kann wieder keimen, Offenstandorte werden von verschiedenen, bereits in ihrem Bestand gefährdeten Pflanzen- und Tierarten angenommen..
Für Kinder gibt es im Auwald immer viel zu entdecken: sie freuten sich über Biberspuren, Biberrutschen, Schachtelhalm, Baumstämme zum drüberklettern, Spechthöhlen, Gatsch, verschiedene Schnecken (Schlammschnecken, Posthorn-,…), große alte Teichmuscheln, verschiedene Federn, Spinnen und Käfer auf Totholz, einen toten Maulwurf,….großes Schilf,…
Biberspuren Unsere Müll-Funde Stolze Muschel- und Schnecken-Entdecker*innen
Bei der Engllacke Engllacke Maja erklärt, wie die Teichmuscheln leben
Eine alte Schwarzpappel – leider bereits Seltenheitswert! Schuppenwurz (Lathrea squamaria)
Ganz abgesehen von der grundsätzlichen (In)Fragestellung, ob wir Klosterneuburger*innen dieses Projekt überhaupt brauchen, das in Wahrheit nicht unsere Versorgung sicherstellen soll, sondern die Versorgungshoheit eines gewissen mächtigen Dienstleistungskonzerns NÖs, geht es uns als Naturschutzbund Klosterneuburg um die Naturverträglichkeit dieses Projektes im sensiblen und bereits sehr beeinträchtigten „Europaschutzgebiet Tullnerfelder Donauauen“!
Wie bereits bekannt wurde (und schon sehr lange geplant), wird die EVN im Bereich der Rollfähre Klosterneuburg-Korneuburg einen Tunnel unter der Donau graben lassen, um dort im 2m-Durchmesser Rohr mehrere Leitungen durchfzuführen: 2 Fernwärmeleitungen, 2 Gasleitungen, 2 Trinkwasserleitungen, 1 Leerverrohrung für zB. Glasfaserkabel; In der Mitte der Donau wird sie 11m tiefer als die Sohle sein, im Uferbereich 5m unter der Oberfläche.
Der Aushub/das Tunnelabraum-Material (ca. 2000m³) ist v.a. Festgestein (Fels), dieser soll als „Wildrettungshügel“ im Nahbereich der Startbaugrube, also nahe der Rollfährenstraße, ca 200m vom Uferhaus entfernt, angeschüttet werden. Welches Tier diesen 5m (!) hohen Hügel brauchen wird, sei dahingestellt, wenn doch die umliegenden Häuser ihre Stelzen (wenn sie nicht eh alles unten verbaut ist) max 3m über Gelände haben und die Überschwemmungen max 1m hoch, wenn überhaupt, zu erwarten sind….Ganz abgesehen von diesen „Fremdstoffen“, die in der Au nicht natürlich vorkommen…
Die Schlägerungen für dieses Projekt haben bereits im November 2020 stattgefunden, die Bewilligung dafür wurde befremdlicherweise erst nachträglich erteilt…
Da das Projektgebiet inmitten des Europaschutzgebiet Tullnerfelder Donauauen, welches als Natura-2000 Vogelschutzgebiet und als Natura 2000 FFH-Gebiet ausgewiesen ist, hätte eigentlich eine Naturverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Die EVN hat der Behörde (BH Tulln) anscheinend eine Naturverträglichkeit-Erklärung (liegt uns nicht vor) vorgelegt, diese wäre ergänzend zur Naturverträglichkeitsprüfung vorgesehen, ersetzt diese aber nicht!
Im Hinteren Bereich der Rodungen sind die Senken – das autypische Relief noch gut zu erkennen! Grundsätzlich müssen alle Flutmulden erhalten bleiben, damit sie im Hochwasser-Fall als Rückhalteräume (natürliche Retention!) diese Funktion erfüllen können. Sie sind also unbedingt von jeglicher Verfüllung freizuhalten, natürlich stellen sie auch einen wertvollen Feuchtlebensraum dar!
Die Rodungen auf Stiftsgrund betrafen zum Großteil einen Pappel- und Schwarznuss-Jungbestand, aber auch im „hinteren“, westlichen Teil, einige Altbäume (am großen Stapel dicker Stämme zu erkennen!), einige sind noch markiert und stehen noch. Auch Alt- und Totholz, das als Lebensraum für bedrohte Tierarten so selten geworden ist, steht (noch) im Nah-Bereich der Trasse. Diese wären unbedingt zu erhalten, jeder Altbaum der „Weichen Au“, also v.a. Weiden und Schwarzpapplen sind bereits so selten geworden, dass jeder einzelne Baum schützenswert ist!!!
Unsere Klosterneuburger Au ist eine der wenigen Stellen im Europaschutzgebiet Tullnerfelder Donauauen, die noch von rel. fließendem Donauwasser begleitet wird. Während die Auen z.B. in Zeiselmauer, Muckendorf und Tulln schon sehr von der Donau abgeschottet sind, könnte hier noch eine stellenweise Durchflutung der noch vorhandenen (teils ausgetrockneten) Altarme die Dynamik der Au in Ansätzen wieder hergestellt werden.
Falls nun die letzten Senken und Au-Tümpel verfüllt und die Waldbereiche dorch neue Trassen voneinander terennt werden, stellt das einen erheblichen Eingriff dar. Dieser Lebensraum wird dadurch weiter bedroht, obwohl dieser durch die monotonen Hybridpappel-Aufforstungen bereits sehr beeinträchtigt ist und das eigentlich gebotene „Verschlechterungsverbot“ (keine Verschlechterung des charakteristischen FFH-lebensräume!) nicht beachtet wird.
Resümee:
Das Projekt, dem es (wieder einmal) an Transparenz und Klarheit aller rechtlich zu setzenden Schritte mangelt, scheint nicht aufzuhalten zu sein. Um die Auswirkungen auf die Klosterneuburger Auen möglichst gering zu halten, wären folgende Maßnahmen ein Gebot der Stunde:
Erhaltung der Alt- und Totholzbäume, v.a. im Nahbereich von Gewässern: jeder Weiden- und Schwarzpappel-Altbaum ist mittlerweile so selten geworden, dass eine Fällung nicht zu verantworten ist!
Senken und Altarmreste unbedingt erhalten, von sämtlichen Befüllungen (auch Astmaterial!) freihalten und durch sanfte Baggermaßnahmen wieder vernetzen
Freigehaltene Trassenflächen: Neophyten nicht aufkommen lassen bzw. in Anfängen sofort durch Entfernen oder häufige Mahd sehr schwächen
„Wildrettungshügel“: Material anderswo in der Nähe sinnvoll verwenden (Steinmauerbau?), max. 1/4 des Abraums vor Ort belassen und max. 2m hoch anhügeln, möglichst nahe der Startbaugrube ablagern, keinesfalls Senken verfüllen!
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