Stellungnahmen

Positionspapier des Naturschutzbund Klbg. zum Stadtentwicklungskonzept STEK 2030+

Grundsätzliches

Als Vertreter des Naturschutzbund Klosterneuburg ist es unsere Aufgabe, auf den Wert der Natur in Klosterneuburg für uns alle hinzuweisen und deren Entwicklungspotentiale aber auch deren Gefährdung aufzuzeigen.

Das Gebiet der Stadtgemeinde zeichnet sich durch eine hohe landschaftliche Vielfalt aus, die durch die Lage am Nordrand des Wienerwaldes und den Übergang ins klimabegünstigte Donautal bedingt ist. Diese naturräumlichen Gegebenheiten haben – gemeinsam mit der über Jahrhunderte geübten naturverträglichen Landnutzung – zu einer überdurchschnittliche hohen Arten- und Lebensraumvielfalt geführt, die wiederum die Grundlage eines leistungsfähigen Naturhaushaltes und damit der anerkannt hohen Lebensqualität in der viertgrößten Stadt Niederösterreichs darstellt. Diese – im Bezug zu vergleichbaren Städten – herausragende Bedeutung der Natur schlägt sich auch in der Tatsache nieder, dass ein Großteil der Gemeindefläche Klosterneuburgs Teil internationaler Großschutzgebiete (Natura2000 Gebiete „Tullnerfelder Donauauen“ und „Wienerwald-Thermenregion“) und Modellregionen (UNESCO-Biosphärenpark Wiener Wald) ist.

Vision 2030+

Für den STEK2030+ haben wir als Ortsgruppe der ältesten Naturschutzorganisation Österreichs folgende Vision entwickelt, die als ökologisches Leitbild der Stadtentwicklung dienen soll:

Eine ökologisch intakte Stadt Klosterneuburg 2030 ist dadurch gekennzeichnet, dass ihr Reichtum an landschaftlicher Vielfalt und Schönheit im Bestand gesichert ist. Die Besonderheit der Stadt, die in der Vielfalt ihrer natürlichen Lebensräumen liegt, ist Teil ihrer Identität. Auwald, Wienerwald, Offenland und Gewässer sind in einem guten Erhaltungszustand und durch Grünbrücken im Siedlungsbereich miteinander verbunden. Qualitativ hochwertige Durchgrünung, Kleinstlebensräume und große Bäume im verbauten Gebiet gewährleisten als Trittsteinbiotope diesen Verbund der Schutzgebiete. Den Stadtbewohnern ist die Artenvielfalt und Vielfalt der Lebensräume „vor der Haustür“ zugänglich und erlebbar. Funktionierende lokale Ökosysteme haben allgemeine Wohlfahrtswirkung auf die Stadt in Form verbesserter Luftreinhaltung, Klimaregulierung und fruchtbarer Böden. Dadurch sind Risiken von Schäden durch den Klimawandel begrenzt und die Vermeidungskosten niedrig. Das Bewusstsein der Bevölkerung für den Schutz der Natur ist in dem Maß gewachsen, in welchem die Gemeinde Aufmerksamkeit auf ihre Naturschätze und die Einzigartigkeit des Klosterneuburger Lebensraumes lenkt. Die gute Naturausstattung im verbauten Bereich fördert das Verständnis für deren Sinn durch Erfahrbarkeit im Alltag. Es stehen ausreichend landwirtschaftlich nutzbare Flächen zur Verfügung, sowohl im Erwerbsbereich für die regionale Versorgung der Stadt als auch auf kleinen Flächen für private Selbstversorgung und Gemeinschaftsgärten.

Entwicklungen und Gefährdungen

In den letzten Jahren ist in Klosterneuburg sehr viel Positives wie die Errichtung des Biosphärenparks Wienerwald BPWW als UNESCO-Lebensregion, des Europaschutzgebietes „Wienerwald-Thermenregion“ und nicht zuletzt die Ausweisung der Gemeinde als „Natur im Garten-Gemeinde“ und der damit einhergehende Verzicht auf Pestizide etc. geschehen. Dennoch konnten diese Aktivitäten negative Entwicklungen der Schutzgüter nicht völlig verhindern. Vor allem die zunehmende Verbauung und Verdichtung, teilweise auch sachunkundige, übertriebene Nutzungen und infrastrukturelle Maßnahmen (zB Hochwasserschutz), aber auch die Aufgabe unrentabler traditioneller Wiesenpflege üben derzeit einen enormen Druck auf die Schutzgüter aus. Die Folge sind der sichtbare Rückgang an wertvollen Landschaftselementen (Altbäume, artenreiche Wiesen, Kleingewässer, strukturreiche Waldränder,…), der von vielen StadtbürgerInnen auch als Verlust an Lebensqualität wahrgenommen wird.

Da auf viele dieser Tendenzen bereits im ÖEK 2004 explizit hingewiesen und eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen wurden, stellt dieses Planwerk eine gute Grundlage für den STEK 2030+ dar. Als dessen konsequente Weiterentwicklung wird daher folgender Forderungskatalog erarbeitet, der auf die Landschaftsräume und Schutzgüter Klosterneuburgs konkret Bezug nimmt.

In der Verordnung des OEK 2004 (Verordnung veröffentlicht und in Kraft getreten am 12.7.2005) hat man sich unter 2.4 Naturraum – Erholungsraum auf die „2.4.3Erhaltung der historisch gewachsenen Nutzungen in den Gartenzonen,…“ und „2.4.5 Vorsorge für eine adäquate Vernetzung der unterschiedlichen Naturräume sowie ihrer jeweiligen Funktionen (Naturschutz und Freizeitaktivitäten) durch geeignete landschaftsprägende und siedlungsgliedernde Grünraumelemente“ festgelegt, dies aber bis zum heutigen Tag kaum umgesetzt.

Forderungskatalog

Die Bekanntheit und Akzeptanz der Schutzgebiete in der Bevölkerung und bei den Grundbesitzern zu fördern, ist eine wichtige Aufgabe der Gemeinde.

Damit ist es ein Gebot der Stunde, Flächen für hochwertige funktionsfähige und wenig berührte Natur in ausreichendem Ausmaß sicherzustellen.

Der Wert der besonderen Naturausstattung kann nicht hoch genug eingeschätzt werden, da er nicht nur für die (Nah)Erholung und den Tourismus, sondern auch für die allgemeinen Wohlfahrtswirkungen aller Klosterneuburger Bürgerinnen und Bürger wesentlich ist: zur Luftreinhaltung und Klimaregulation, Wertsteigerung der Immobilien, uvm. Natur- und Umweltschutz ist nicht nur Aufgabe der Naturschutzorganisationen und der für diesen Bereich zuständigen Behörden sondern muss als kulturelle Leistung in allen Bereichen der Verwaltung, des öffentlichen Lebens und der Wirtschaft s integrativer Bestandteil eingefordert werden.

Für die einzelnen Naturräume/Kulturlandschaften in Klosterneuburg ergeben sich folgende Konkrete Forderungen:

  • Keine weiteren Umwidmungen von Grünland in Bauland, weder im Offenland noch im Wald
  • Insbesondere Europaschutzgebiete sind von Bebauung und Umwidmungen freizuhalten bzw. rückzuwidmen
  1. Aulandschaft als Teil des Europa-Schutzgebietes „Tullnerfelder Donauauen“:

Als wichtiger Erholungsraum aber auch als besonderer Standort der seltener werdenden Auwälder (besonders der „Weichholzauen“ mit Weiden etc.) ist die Erhaltung der letzten Reste an naturnahen Weidenauen und Altbäumen (Weiden, Schwarzpappeln,..) notwendig. Dringende Sofortmaßnahme ist die Einhaltung des Verschlechterungsverbotes, wie es die EU-Verordnung vorsieht.

  1. Wienerwald:

Noch gibt es naturnahe Laubwaldbestände in Klosterneuburg. Hier fällt der Gemeinde als Besitzerin einiger der Bestände besondere Verantwortung zur Erhaltung der waldbezogenen Biodiversität (z.B. durch Einrichtung von Naturwaldzellen,..) zu.

Landwirtschaftliche Flächen/Offenland:

Die vielfältigen Wienerwaldwiesen weisen (noch) eine sehr hohe Biodiversität aus und sind einzigartig. Wie schon sind im ÖEK 2004 erwähnt, sind sie heute mehr denn je durch Nutzungsaufgabe bedroht. Leider wurden keine der im ÖEK (S. 13 v.191, Knoll et al, 2004) vorgeschlagenen Maßnahmen durchgeführt (z.B.:“Abgeltung von über ÖPUL hinausgehende Leistungen der LW“,…“Miteinbeziehung von Nicht-LW bei der Erhaltung der Flur“, „Sicherung eines „offenen“, nicht „eingezäunten“ Landschaftsbereichs zwischen Gartenzone und Wald“, „Sicherung der Pflege der Wienerwaldwiesen durch landwirtschaftliche Nutzung“…)

  1. Täler und ihre Bäche:

Die Topografie Klosterneuburgs ist durch die z.T. tief einschneidenden Wienerwaldbäche geprägt. Noch gibt es einige wenige naturnahe Bachabschnitte.

  • Die im ÖEK 2004 vorgeschlagene Renaturierung der naturfernen Bachabschnitte wurde leider nicht in Angriff genommen. Im Gegenteil musste festgestellt werden, dass die Bebauung immer noch bis an die Bäche heranreicht und somit neue Überflutungsgefahr entsteht anstatt dieses bisher unverbaute Gebiet (sowohl Offenland als auch Wald) als natürliche Retentionsflächen, die vielseitig genutzt werden können, zu erhalten!

Eine wesentliche Forderung ist daher auch die Erhaltung der letzten naturnahen Bachabschnitte, Maßnahmen wie sie bereits im ÖEK 2004 aufgelistet sind und in der Pflegezone des BPWW vorgesehen sind, müssen in Angriff genommen werden.

  1. Besondere Landschaftselemente, (Alt-)Bäume:

Alte Bäume bereichern nicht nur das Ortsbild, sie sind Lebensraum für eine spezialisierte Fauna und Flora, haben zahlreiche positive Auswirkungen auf das Kleinklima und tragen damit zum Wohlbefinden der BürgerInnen bei. Es gilt, die Verkehrssicherheit bei bestmöglicher Erhaltung der alten Bäume sicherzustellen und nicht präventiv alte Bäume umzuschneiden.

  • Bäume sind weitestgehend zu erhalten und bei Baumaßnahmen den Ö-Normen gemäß zu schützen, die Baumschutzverordnung der Gemeinde muss aktualisiert werden.
  1. Gärten und innerstädtische Grünräume:

Ein besonderes Qualitätskriterium für die Lebensqualität einer Stadt ist deren Ausstattung mit Grünraum. Die innerstädtischen Grünräume kommen aber nicht nur dem Menschen zugute, sondern bieten auch Lebensraum. Diesen in einer Qualität zu erhalten, wie sie den Lebensraumansprüchen der Arten entspricht und neue so zu planen, dass damit ein Biotopverbund entsteht, der das Wandern der Arten erlaubt, ist anzustreben.

  • Ökologische Infrastruktur: auf einen ausreichenden Biotopverbund ist zu achten, Grünzüge, „Grünland-Grüngürtel“ und „städtische Grünverbindung“, Gartenzonen (sind bereits im ÖEK 2004 ausgewiesen, aber bei den Bebauungen nicht berücksichtigt worden) sind umzusetzen um Trittsteinbiotope und Lebensraumvernetzung zu erhalten und neu zu schaffen.

Insbesondere ist bei der Planung von großen Gebieten (z.B. Industriegebiet) auf eine ausreichende Ausstattung von Grünräumen zu achten.

  • Naturnahe Gärten und Gemeinschaftsgärten fördern

Bebauung: Bauvorschriften so gestalten, dass:

  • „Modellregion für nachhaltige Entwicklung“ (BPWW): nur energieeffiziente und ökologisch nachhaltige Gebäude fördern bzw. bewilligen
  • Erlaubte Bebauungsdichte überarbeiten („0er-Regelung“ aufheben!) und Versiegelungsgrad in Bauordnung aufnehmen: maximal erlaubter Versiegelungsgrad (eventuell durch Ausgleichsmaßnahmen (Gründächer, Grüne Fassaden,.. zu kompensieren)
  • Bauaushub: so gering wie möglich halten: Massenausgleich am Grundstück fordern;

wenn nötig: geordnete Deponien auf geeigneten Flächen ausweisen

  • Gründächer und grüne Fassaden, Grüne Wände sind zu fördern und als klimarelevante Elemente im dichtverbauten Stadtgebiet zu fordern
  • Die Erhaltung der Naturdenkmäler in der Stadt ist zu fördern und im Zweifelsfall durch finanzielle Unterstützung sicher zu stellen
  • Bodenschutz: Auf öffentlichen und halböffentlichen (z.B. im Gewerbegebiet) Parkplätzen ist ein möglichst großer Anteil an unversiegelten Parkplätzen (Schotterrasen, wassergebundene Decke,…) sowie ökologisch sinnvolle Sickerflächen vorzusehen.
  • Bodenbündnis-Gemeinde ernst nehmen: Berichte etc.!
  • Neue Formen des Verdichtens: Weiterentwicklung des Pionierviertels: Verdichtung vor allem in diesem Stadtbereich: Neukonzeptionierung des Gewerbebereichs in der Au (jenseits des Bahnhofes Weidling): Ausweisung eines gemeinsamen, durchgrünten Parkplatzes (mit tw. bodenoffenen (wassergebundene Decke) Oberflächen zur Erschließung (weitgehend) aller Gewerbebetriebe: Merkur, Obi, Lidl, etc. und Überbauung der Märkte mit Wohnungen, darüber: PV-Anlagen, Solar, Gründächer, etc. – Schaffung von weiterem attraktivem, leistbaren Wohnraum zwischen Donau und Schnellbahn nach Wien!
  • Neophyten-Management: Aufklärung der Bevölkerung, Schulung der Bauhof-Mitarbeiter; v.a. in Bereichen, wo Biodiversität gefährdet ist: Bekämpfung der invasiven Neophyten
  • Mit dem Naturschutzbund fachlich abgestimmte Pflegepläne für öffentliche Grünflächen („Blumenwiesen“) und Böschungen (Straßen- und Bachböschungen) zu Erhaltung der Artenvielfalt
  • Vorbildliches Handeln der Gemeinde zur Erhaltung der Biodiversität: z.B. Errichtung von Naturwaldzellen und Fördermodelle zur Landschaftspflege und

–erhaltung entwickeln

  • Nachhaltige Gemeinde: nachhaltiges Beschaffungswesen
  • Lichtverschmutzung: auf entsprechende Auswahl und Ausrichtung der Leuchtmittel ist zu achten, Aufklärung der Bevölkerung über Auswirkung von Garten- und Gebäudeausleuchtungen
  • Bevölkerungswachstum: an die im ÖEK festgelegte Obergrenze von 35 000 EW halten, da Auswirkungen darüber hinaus (Verkehrszunahme, Bemessungsgrundlagen für z.B. Schulen und andere Infrastrukturen (Kläranlage, etc.) nicht ausreichend abgeklärt sind und eine Verschlechterung der Lebensqualität für alle BürgerInnen und der Naturraumausstattung der Gemeinde mit sich ziehen würde.