Ganz abgesehen von der grundsätzlichen (In)Fragestellung, ob wir Klosterneuburger*innen dieses Projekt überhaupt brauchen, das in Wahrheit nicht unsere Versorgung sicherstellen soll, sondern die Versorgungshoheit eines gewissen mächtigen Dienstleistungskonzerns NÖs, geht es uns als Naturschutzbund Klosterneuburg um die Naturverträglichkeit dieses Projektes im sensiblen und bereits sehr beeinträchtigten „Europaschutzgebiet Tullnerfelder Donauauen“!
Wie bereits bekannt wurde (und schon sehr lange geplant), wird die EVN im Bereich der Rollfähre Klosterneuburg-Korneuburg einen Tunnel unter der Donau graben lassen, um dort im 2m-Durchmesser Rohr mehrere Leitungen durchfzuführen: 2 Fernwärmeleitungen, 2 Gasleitungen, 2 Trinkwasserleitungen, 1 Leerverrohrung für zB. Glasfaserkabel; In der Mitte der Donau wird sie 11m tiefer als die Sohle sein, im Uferbereich 5m unter der Oberfläche.
Der Aushub/das Tunnelabraum-Material (ca. 2000m³) ist v.a. Festgestein (Fels), dieser soll als „Wildrettungshügel“ im Nahbereich der Startbaugrube, also nahe der Rollfährenstraße, ca 200m vom Uferhaus entfernt, angeschüttet werden. Welches Tier diesen 5m (!) hohen Hügel brauchen wird, sei dahingestellt, wenn doch die umliegenden Häuser ihre Stelzen (wenn sie nicht eh alles unten verbaut ist) max 3m über Gelände haben und die Überschwemmungen max 1m hoch, wenn überhaupt, zu erwarten sind….Ganz abgesehen von diesen „Fremdstoffen“, die in der Au nicht natürlich vorkommen…
Die Schlägerungen für dieses Projekt haben bereits im November 2020 stattgefunden, die Bewilligung dafür wurde befremdlicherweise erst nachträglich erteilt…
Da das Projektgebiet inmitten des Europaschutzgebiet Tullnerfelder Donauauen, welches als Natura-2000 Vogelschutzgebiet und als Natura 2000 FFH-Gebiet ausgewiesen ist, hätte eigentlich eine Naturverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Die EVN hat der Behörde (BH Tulln) anscheinend eine Naturverträglichkeit-Erklärung (liegt uns nicht vor) vorgelegt, diese wäre ergänzend zur Naturverträglichkeitsprüfung vorgesehen, ersetzt diese aber nicht!
Im Hinteren Bereich der Rodungen sind die Senken – das autypische Relief noch gut zu erkennen! Grundsätzlich müssen alle Flutmulden erhalten bleiben, damit sie im Hochwasser-Fall als Rückhalteräume (natürliche Retention!) diese Funktion erfüllen können. Sie sind also unbedingt von jeglicher Verfüllung freizuhalten, natürlich stellen sie auch einen wertvollen Feuchtlebensraum dar!
Die Rodungen auf Stiftsgrund betrafen zum Großteil einen Pappel- und Schwarznuss-Jungbestand, aber auch im „hinteren“, westlichen Teil, einige Altbäume (am großen Stapel dicker Stämme zu erkennen!), einige sind noch markiert und stehen noch. Auch Alt- und Totholz, das als Lebensraum für bedrohte Tierarten so selten geworden ist, steht (noch) im Nah-Bereich der Trasse. Diese wären unbedingt zu erhalten, jeder Altbaum der „Weichen Au“, also v.a. Weiden und Schwarzpapplen sind bereits so selten geworden, dass jeder einzelne Baum schützenswert ist!!!
Unsere Klosterneuburger Au ist eine der wenigen Stellen im Europaschutzgebiet Tullnerfelder Donauauen, die noch von rel. fließendem Donauwasser begleitet wird. Während die Auen z.B. in Zeiselmauer, Muckendorf und Tulln schon sehr von der Donau abgeschottet sind, könnte hier noch eine stellenweise Durchflutung der noch vorhandenen (teils ausgetrockneten) Altarme die Dynamik der Au in Ansätzen wieder hergestellt werden.
Falls nun die letzten Senken und Au-Tümpel verfüllt und die Waldbereiche dorch neue Trassen voneinander terennt werden, stellt das einen erheblichen Eingriff dar. Dieser Lebensraum wird dadurch weiter bedroht, obwohl dieser durch die monotonen Hybridpappel-Aufforstungen bereits sehr beeinträchtigt ist und das eigentlich gebotene „Verschlechterungsverbot“ (keine Verschlechterung des charakteristischen FFH-lebensräume!) nicht beachtet wird.
Resümee:
Das Projekt, dem es (wieder einmal) an Transparenz und Klarheit aller rechtlich zu setzenden Schritte mangelt, scheint nicht aufzuhalten zu sein. Um die Auswirkungen auf die Klosterneuburger Auen möglichst gering zu halten, wären folgende Maßnahmen ein Gebot der Stunde:
Erhaltung der Alt- und Totholzbäume, v.a. im Nahbereich von Gewässern: jeder Weiden- und Schwarzpappel-Altbaum ist mittlerweile so selten geworden, dass eine Fällung nicht zu verantworten ist!
Senken und Altarmreste unbedingt erhalten, von sämtlichen Befüllungen (auch Astmaterial!) freihalten und durch sanfte Baggermaßnahmen wieder vernetzen
Freigehaltene Trassenflächen: Neophyten nicht aufkommen lassen bzw. in Anfängen sofort durch Entfernen oder häufige Mahd sehr schwächen
„Wildrettungshügel“: Material anderswo in der Nähe sinnvoll verwenden (Steinmauerbau?), max. 1/4 des Abraums vor Ort belassen und max. 2m hoch anhügeln, möglichst nahe der Startbaugrube ablagern, keinesfalls Senken verfüllen!